Meine Sprache

Meine Eltern sagen ich habe schon als Baby so schlau geschaut. Zum Glück haben sie das gesehen und mir immer ganz viel gezeigt und vorgelesen und mit mir geredet.

Mit 1,5 Jahren habe ich bereits Farben passiv zuordnen können und auch „ja“, „nein“ und „rechts“, „links“ konnte ich durch Kopfbewegung und Blicke zeigen.
Da war ich bei einer Tagesmutter und hatte schon meine erste eigene Assistentin, die mir geholfen hat, damit ich mit den anderen Kindern malen, Musik machen und draußen spielen konnte.

Mit 3 Jahren kam ich dann in den Kindergarten bei uns im Ort mit einer Assistentin die mir beim spielen und kommunizieren geholfen hat. Da konnte ich schon Zahlen, Jahreszeiten und andere Begriffe sicher zuordnen, nur die Worte kamen mir nicht über die Lippen weil meine Zunge und mein Mund genauso wie meine Arme und Beine nicht immer das machen was ich möchte.

Mit 4 Jahren und nach einer logopädischen Intensivtherapie hat meine Mama zum Glück erkannt, dass das Reden bei mir besser über die Augen funktioniert. Aber mit den Fotos und Bildern, die bereits bei uns überall in der Wohnung aufgehängt wurden, konnte ich zwar mit den Augen sagen was ich wollte und was ich fühle (was möchtest du essen? Wie geht es dir? Was willst du spielen?) aber von meinen Erlebnissen im Kindergarten oder bei Ausflügen konnte ich nicht erzählen. Und wenn mal ein Bild (Piktogramm) fehlte oder ich mir einen neuen Namen für mein Kuscheltier ausgedacht hatte konnte ich es nicht sagen. Das hat mich oft traurig und wütend gemacht und mich sehr frustriert.

Daher machten sich meine Eltern auf die Suche nach einer technischen Lösung. Leider habe ich statt einem augengesteuerten PC erstmal ein Tablet mit Fingerführung bekommen. Das ging leider aber nicht gut weil mein Arm da nicht mitmachen wollte, der Schuft. Nach einem Gutachten von der UK Beratungsstelle in Kronau und einigem hin und her mit Krankenkasse und Hilfsmittel Firma bekam ich dann mit 5 Jahren endlich meinen ersten PC mit Augensteuerung von Tobii dynavox.
Zuerst fand ich das recht blöd weil meine Eltern und meine Begleitperson mich ja bisher ganz gut verstanden hatten und es war ganz schön anstrengend das zu lernen. Aber als ich merkte, dass ich nun nicht mehr darauf angewiesen bin, dass mir eine andere Person ein Buch mit Symbolen durchblättert und nachfragt was ich will, sondern ich selbst aus ganz vielen Symbolen das passende aussuchen kann und das viel schneller geht und ich viel freier damit bin zu sagen was ICH wirklich will da ging’s dann ganz doch plötzlich schnell. Am Anfang war noch jemand da; die kam aber nur einmal in der Woche für eine Stunde und hat mit mir was am Computer gemacht. Das hat zwar Spaß gemacht aber ich glaube vor allem weil meine Mama es mir immer wieder vorgemacht hat und die Seiten in dem Programm (TD Snap) so eingerichtet hat, dass meine Lieblingssachen zum Essen und zum Spielen drauf waren zB alle meine Kuscheltiere – und das sind echt viele ☺️ – hab ich das Programm dann schnell gelernt zu bedienen. Und was auch cool war: ich merkte, dass ich auch mal einen anderen Nachtisch aussuchen kann zB Eis oder Schokopudding wenn ich den PC nutze statt nur wie bisher eine Auswahl von 2 Dingen (meist Jogurt oder Obst) mit Blick auf die rechte oder linke Hand angeboten zu bekommen 😅ich glaube das hat auch einen ziemlichen Ansporn gegeben, dass ich die Vorteile der Talker Nutzung schnell begriffen habe.
Und endlich konnte ich nach Jahren endlich sagen was ich denke. Soooo viele Dinge sind in meinem Kopf, die gesagt und gehört werden wollen. Besonders gern mag ich es Witze zu erzählen oder zu berichten was ich geträumt oder mir ausgedacht habe oder auch was meine Kuscheltiere möchten😃

Als ich dann in die Schule kam haben die Lehrer dort vorab einen Test mit mir gemacht damit die wissen wie schlau ich bin. Ich bin nämlich ziemlich schlau 😊
Zum Glück haben die das so gemacht, dass ich zeigen konnte was in mir steckt und das obwohl ich erst 2 Monate den Computer hatte.
So bin ich mit 5 Jahren und 11 Monaten in die Schule nach Kronau gekommen und bin immer noch dort. Da gefällt es mir sehr gut und ich hab sogar endlich Platz mit meinem ERolli rumzudüsen 🥳

Leider kam dann der lockdown gleich in der ersten Klasse. Naja meine Mama hat mir in der Zeit dann weil wir viel viel Zeit zu Hause hatten lesen und schreiben beigebracht. Wir haben sehr viele Bücher zusammen gelesen und nach dem lockdown konnte ich dann von den Symbolen auf die Tastatur in TDSnap umsteigen. Das ist noch viel praktischer weil ich kann damit auch meine eigenen Wortkreationen machen und ganz lustige Sachen sagen. Außerdem musste ich dann nicht mehr zwischen so vielen Seiten wechseln um die passenden Wörter zu suchen sondern die können jetzt direkt von meinem Kopf über meine Augen in den Computer fließen und dann mit der Sprachausgabe zu den Ohren von den anderen fliegen.

Mein Papa hat sich mittlerweile ganz viel mit dem Computer und den Programmen beschäftigt weil es manchmal etwas mühsam ist, wenn ich alles in meinem Sprachprogramm schreiben und jemandem diktieren muss und es nicht direkt auf das Blatt schreiben kann. Da muss er viel ausprobieren mit den Lehrern und meinen Assistenten zusammen damit wir Lösungen finden wie ich am besten und einfachsten arbeiten kann. Mehr dazu schreibt mein Papa unter UK im Detail.

Mittlerweile kann ich auch ins Internet und meinen Freunden mal eine WhatsApp schreiben. Das ist toll, weil vorher hab ich das immer in meiner Sprachausgabe geschrieben und meine Mama hat das dann fotografiert und denen geschickt. Jetzt kann ich das auch selber machen z.B. wenn Mama oder Papa gerade mein Essen vorbereiten 😊