UK im Detail (Stand des Beitrages: 16.3.2024)
“frustriert frustriert frustriert”
Dies waren meine ersten 3 Worte mit dem neuen Tobii. Da war ich 5 Jahre alt
Mit 4 Jahren bekam ich aufgrund der Empfehlung von der Firma humanelektronics einen Talker mit Fingerführung. Das hat aber nicht geklappt – gaga mir ein Gerät zu geben, dass ich nicht bedienen kann. Daher musste ich über 1 Jahr warten bis ich einen Talker (Tobii I15+von TobiiDynavox ) mit Augensteuerung bekommen habe.
Ich war sehr frustriert, da so viele Dinge im Kopf waren die gesagt werden wollen. Nur aussprechen konnte ich diese eben nicht. Ich war und bin dafür auf einen Computer (Talker) angewiesen.
Anfangs hat meine Mama mir auf dem Talker sehr viele Seitensets angelegt: Kuscheltiere, Bücher, Witze und Musik. Ich habe alles verschlungen und wollte mehr … Als es sehr viele technische Dinge am Talker gab, hat sich mein Papa reingefuchst 🙂 Hier beschreibt mein Papa was es alles benötigt, damit ich mit den Augen sprechen kann. Papa nennt sich UK Fachkraft. Mannomann. Ich bin da raus. Für mich ist das blablabla …
Papa: als Papa von Ophelia möchte ich hier für andere Eltern, Kinder, Unterstützt Kommunizierende und auch Fachkräfte meine Erfahrungen mit unterstützter Kommunikation (abgekürzt: UK) aufschreiben.
Finanzierung:
Dazu gehört auch die immer wiederkehrende, langwierige und erschöpfende Diskussion über Leistungen zur Kommunikationsassistenz mit der Eingliederungshilfe des Landratsamts Karlsruhe – Amt für Versorgung und Rehabilitation. Ich bin zwischenzeitlich UK Fachkraft, zertifiziert nach den Richtlinien der Gesellschaft für unterstützten Kommunikation. Mich hat es zunehmend genevt zu hören, dass Eltern doch gar nicht genug qualifiziert seien, um den Bedarf Ihres Kindes richtig zu bewerten oder gar für diesen Bedarf einzustehen und ihn einzufordern. Aber auch das reicht offenbar noch nicht aus. Nach einigen Jahren mehr an Erfahrung und Bemühung der Sozialgerichte weiß ich nun: es gibt eine sehr gute Rechtsgrundlage für Menschen mit unterstützter Kommunikation, alleine an der Umsetzung happert es! Um es in den Worten von Raul Krauthausen zu sagen:
“Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will findet Ausreden.”
https://raul.de/
Sie merken ich bin nicht allzu gut zu sprechen auf die Obrigkeit der Eingliederungshilfe. Ich erlaube mir den Frust mit etwas Humor aber vor allem konstruktiv mit fachlichen Argumenten zu begegnen.
Die nachfolgende Beschreibung soll eine Hilfestellung für all diejenigen sein, die mit UK in irgendeiner Form Berührung haben. Wenn Sie bis hierher durchgehalten haben zu lesen, dann kennen Sie vermutlich Fragen wie:
- 1. Wie erkläre ich jemanden Außenstehendes (z.B. Mitarbeitern der Eingliederungshilfe) das Thema unterstützte Kommunikation?
- 2. Wie mache ich deutlich, dass unterstützte Kommunikation schon im Kindergarten und ab der ersten Klasse viel Zeit in Anspruch nimmt und oftmals die Kraft im familiären Umfeld überstrapaziert? Wie beantrage ich Assistenzstunden für UK? Hierzu habe ich bereits einen Detailbeitrag erstellt.
- 3. Welche Rechte zur Unterstützung von außen stehen mir als Nutzer von unterstützter Kommunikation oder als Familienangehöriger zu?
- 4. Wer ist denn eigentlich dafür zuständig, dass der Talker funktioniert?
- 5. Wie kommen (Schul-)inhalte auf den Talker? Vorweg: die Klassenlehrer:in wird es alleine nicht richten können.
Es gehört noch einiges an “drumherum” dazu, damit eine Kommunikation & Interaktion mit diesen sogenannten komplexen technischen Hilfsmitteln mit Sprachausgabe – kurz Talker- funktionieren kann. Denn: alleine ein Talker macht noch keine Kommunikation. Er muss beantragt, genehmigt und eingeschaltet werden (können). Weiter müssen Inhalte und Seitensets angelegt werden (können), vielleicht eine Tastatur für das aktuelle Mathethema in der Schule programmiert werden (können), …
Schnell wird klar: es ist nicht alleine damit getan mit einem Talker versorgt zu sein. Es gibt danach noch ständige Aufgaben und Herausforderungen …
Abbildung 1: Übersicht wer macht was bei einer Talkerversorgung
Quelle: Projekt EyeTrack4all Alice Salomon Hochschule Berlin Juni 2013-2016
Wenn man sich nun die Zuständigkeiten und Rollen genauer ansieht, stellt man fest, dass die Eltern eine zentrale Rolle in der Befähigung Ihrer unterstützt kommunizierenden Kinder einnehmen. Nachfolgende animierte Abbildung zeigt an welchen Zuständigkeiten die Eltern beteiligt sind.
Anmerkung: ziehen Sie mit der Maus in der Mitte des Bildes nach rechts oder links.
Abbildung 2: Übersicht der Beteiligung der Eltern (=lila Umrandung)
Quelle: links: Projekt EyeTrack4all Alice Salomon Hochschule Berlin Juni 2013-2016; rechts eigene Darstellung auf Basis des Projekt EyeTrack4all
Welche Verantwortung & Unterstützung müssen Eltern in dieser zentralen Rolle bei der Befähigung Ihrer unterstützt kommunizierenden Kinder übernehmen? Nachfolgende Tabelle zeigt eine tabellarische Darstellung dieser Verantwortlichkeiten. Die Verantwortlichkeiten sind nach der RACI/RASCI Methode notiert.
Tabelle 1: Verantwortlichkeiten der Eltern in der UK (nach dem RASCI Methode)
Zuständigkeit/Rolle | Verantwortlichkeiten v.a. der Eltern nach dem RASCI Methode: – Gesamt-Verantwortlich (V), – Umsetzungsverantwortlich (U), – Wirkt mit (M), – Informiert (I), – Berät (B) |
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Eltern | Eltern: V, U |
Begleitperson | Eltern: V, U falls eine Begleitperson nicht vorhanden ist, nehmen die Eltern diese Rolle ein Eltern: V, M, I falls Begleitperson (U) vorhanden ist, wird diese organisert und verwaltet von den Eltern |
Arzt | Arzt: U Eltern: V, M, I |
Hilfsmittelfirma | Hilfsmittelfirma: U Eltern: V, M, I, |
professionelle Helfer | Eltern: V, U falls professionelle Helfer nicht vorhanden sind, nehmen die Eltern diese Rolle ein Eltern: V, M, I falls professionelle Helfer (U) vorhanden sind, wird diese von den Eltern organisiert |
UK-Beratungsstelle | V, M, I |